Zusammenfassung
Es ist manchmal nicht einfach für den Mega-Star in Hollywood: Olivia de Havilland darf, wie so häufig, nicht ganz so attraktiv wirken, wie sie eigentlich ist, denn sie spielt hinter den Kostümen des 19. Jahrhunderts das Mädchen von Nebenan. Und dann ist da noch dieser Montgomery Clift und stört die klassische Dynamik am Set mit seinem modernen Method Acting. Doch Regisseur William Wyler weiß genau, was er da tut. Seine Schauspieler sind zentral für die Filmerzählung, für Olivia de Havilland springt dabei wie fast schon geplant ein Oscar als beste Hauptdarstellerin raus. Damit ihre klassische, das Innere immer klar telegraphierende Figurenzeichnung funktioniert, brauchen wir den kaum lesbaren, realistisch wirkenden Clift als Gegenpol. Damit hebt Wyler auch seinen THE HEIRESS aus der Masse der Melodramen heraus und spricht weniger über die Vergangenheit als über die Brüchigkeit der aktuellen Situation der jungen Generation nach dem Zweiten Weltkrieg. Er behandelt seine Themen mit tiefem Humanismus und verweigert so einfache Lösungen. Zudem bringt er die Möglichkeiten der Tiefeninszenierung an die Grenzen des technisch Möglichen. So funktioniert die oberste Garde des Hollywood-Kinos!
Daten & Verfügbarkeit
The Heiress (de.: Die Erbin), USA 1949, Regie: William Wyler
Wir haben die Blu-ray aus der Criterion Collection gesehen, die in England erhältlich ist und atemberaubende Bild- und Tonqualität bietet.
Rechtliches
Für den Podcast wurden Soundeffekte von der Seite Freesound.org verwendet (Beschreibungen in Englisch):
- Film Projector Countdown.flac by qubodup, licensed under Creative Commons 3.0 Attribution, the original file was edited (shortend) and is part of a mix of several sound layers.
- zeissIkon_4ton.mp3 by al_sub, licensed under Creative Commons 3.0 Attribution, the file was not changed, but is part of a mix of several sound layers.
- film_static_03.wav by joedeshon, licensed under Creative Commons 1.0 Universal (public domain)
- Old Film optical track Surface Noise by JohnsonBrandEditing, licensed under Creative Commons 1.0 Universal (public domain)
- sonVidage2.WAV by gouvradou, licensed under Creative Commons 1.0 Universal (public domain)
Thanks to all creators and the community of freesond.org!
Special Thanks
Ein besonderer Dank geht an Florian Hoffmann, der unseren bescheidenen Intro-Text wie ein Ereignis hat klingen lassen. Alle unsere Versuche, ihn mit Nachbearbeitung auf unser Niveau herabzuziehen, sind zum Glück fehlgeschlagen.
Eine Antwort zu “Episode 097: Die Erbin (The Heiress), 1949”
Vielen Dank, dass Ihr ein Meisterwerk des Classic Hollywood besprochen habt! Der Film ist wahrlich ein Meisterwerk.
Während des Hörens hatte ich einige Gedanken, die ich gerne loswerden wollen würde.
Ich finde es interessant, dass ihr die Rolle des Morris Townsend so stark hervorgehoben habt. Mir ist zwar der Ruf von Montgomery Clift als Method Actor bekannt, jedoch sehe ich davon nicht viel in „Die Erbin“. Das mag vielleicht daran liegen, dass wir ein unterschiedliches Verständnis davon haben. Meiner Ansicht nach hat seine Rolle garnicht soviel Raum, um das ausleben zu können. Hinzu kommt, dass ihr angesprochen habt, dass Morris Catherine beim Ausbruch aus dem Paternalismus helfen möchte. Das sehe ich anders. In meiner Wahrnehmung sieht sie in ihm die Chance auszubrechen, während er darum bemüht ist sie nahe beim Vater zu halten, um die 20.000 zu bekommen. Somit ist er ein weiterer Charakter, der sie zurückhält von ihrem Wachstum als Person.
Eine Stärke des Filmes ist die Vielschichtigkeit aller Charaktere. Deswegen fällt es mir schwer eine Lieblingsfigur auszuwählen. Müsste ich mich jedoch entscheiden, wäre es Catherine Sloper. Das liegt vor allem daran, dass ihre Figur nicht so einschichtig ist wie ihr es empfunden habt. Neben ihrer starken Charakterentwicklung ist vor allem ihre Motivation für ihr Verhalten nicht offensichtlich. Ist sie dumm? Ist sie mutlos? Verhält sie sich so zurückhaltend, weil sie in diese Rolle durch den verbalen Missbrauch ihres Vaters getrieben wird? Will sie wirklich nicht ausgehen oder buhlt sie mit dem „Zu Hause bleiben“ um die Anerkennung und Liebe ihres Vaters? Verhält sie sich bei allen Menschen gleich zurückhaltend oder ist es lediglich an bestimmte Personen geknüpft? Ist sie sich der Ablehnung ihres Vaters bewusst oder nicht? Was löst das Trauma mit ihr aus? Welche Lehre zieht sie daraus? Das sind alles Fragen, die spannend zu ergründen sind und eben nicht eindeutig im Film präsentiert werden. Sind die für euch tatsächlich nicht interessant oder kam das nur falsch rüber? Das würde mich wirklich interessieren.
Ein weiterer Punkt ist die zeitliche Einordnung. Ihr habt erwähnt, dass der Film in den 1870ern spielt. Das finde ich äußerst interessant. Ich stimme zu, dass das Buch von Henry James 1880 erschienen ist. Jedoch basiert der Film nicht direkt auf dem Buch, sondern auf dem daraus entstandenen Broadway-Stück von dem Ehepaar Goetz, dass die Handlung 1850 ansiedelt. Das ist ein bedeutender Unterschied, weil ihr den Film direkt nach dem Ende des amerikanischen Bürgerkrieges ansiedelt. Jedoch spielt er 20 Jahre davor. Deswegen meine Frage: Habt ihr euch an der Buchvorlage orientiert oder einer anderen Quelle, um es in die Zeit einzuordnen? Ich kann es mir nicht erklären.
Ich hoffe, meine Anmerkungen klangen nicht zu negativ. Sie brannten mir einfach auf der Seele. Danke für die tolle Filmauswahl!